Œuvre

Das malerische Werk

Das malerische Werk I   Das malerische Werk II

Von dunkler See her dämmerte Arnold Böcklins „Toteninsel“ zu dem jungen Karl Hofer herüber, als dieser sich anschickte seinen künstlerischen Weg zu beginnen. Symbolisch aufgeladen und voll düsterer Inhalte waren auch seine ersten Bilder, von denen keines erhalten blieb.

Von 1897 bis 1901 besuchte Hofer die Karlsruher Akademie, studierte bei Robert Poetzelberger, Hans Thoma und Leopold Graf von Kalckreuth, dem er 1902 nach Stuttgart folgte. Bemerkenswert die positive Selbsteinschätzung des jungen Künstlers, getragen von dem Wissen um den Wert und das Ziel seiner Kunst. Wohl ahnend, das die Irrungen und Wirrungen der Jugend als Entwicklungsstufen zu gelten haben, die es zu überwinden galt. Darum auch Hofers Wunsch, Werke zu vernichten, denen er sich künstlerisch entwachsen fühlte.

Bei einem mehrmonatigen Aufenthalt in Paris kam der junge Maler u.a. auch mit den Werken Delacroix in Kontakt, ohne dass dies unmittelbar Spuren in seiner Arbeit hinterlassen hätte. Die Zeit war noch nicht reif dafür, zu sehr war er noch in der akademischen Historienmalerei verhaftet.
Die finanzielle Unterstützung Theodor Reinharts ermöglichte Hofer 1903 eine Übersiedlung nach Rom, wo er sich mit dem Bildhauer Hermann Haller ein Atelier teilte.


Unter dessen Einfluss und durch die Auseinandersetzung mit dem expressiven Idealismus Hans von Marées löste sich Hofer von der Dramatik Böcklins. In seinen Bildern wurde allmählich eine eigene, der Moderne zugeneigte Formensprache sichtbar. Das Bild „David mit der Schleuder“ von 1907 ist ein beredter Zeuge hierfür:


„Das malerische Ineinanderweben von Figur und Hintergrund lassen ebenso wie der bedeutsame, darin ganz freie Auftritt der Figur an die Bilder Hans von Marées denken, die Hofer viel bedeutet haben. Eindrucksvoll der entschlossene Schritt des sich in unbefangener Natürlichkeit bewegenden, ganz unheldischen Körpers. Das in harter Konturierung gehaltene, flächig abstrahierte Gesicht deutet schon weit in die Zukunft der Hoferschen Figurenwelt voraus.“ [1]

So vollzog sich in der Zeit bis 1914 bei Hofer ein künstlerischer Reifungsprozess. „Das Romantische besaß ich, das Klassische habe ich gesucht.“ Beschrieb Hofer später seinen Werdegang. Und dies war und blieb der zentrale Punkt seiner Kunstauffassung.
Mithin der klassische Anspruch: „Das Bemühen um die große Form, um Gesetzmäßigkeit und Vollkommenheit!“ [2]
Aber da war ja noch die Wirklichkeit der Welt! Sie trieb einen bitteren Keil zwischen die idealen Vorstellungen des Malers und der Realität des äußeren Erlebens.

Von 1908 bis 1913 lebte Hofer in Paris. Jetzt öffnete er sich den Vorbildern Delacroix und El Greco. Und noch ein anderer Maler erhob durch seine Bilder einen Anspruch auf geistige Gefährtenschaft und bestätigte Hofers eingeschlagenen Weg: Paul Cézanne. Der Meister der Form gab ihm seine künstlerische Mitgift: geschlossener und straffer Bildaufbau, Vereinfachung der Form und ihre strukturelle Einheit mit der Farbe.

Wiederum war es die Unterstützung durch Theodor Reinhart, die dem Maler während seiner Pariser Zeit zwei Indienreisen ermöglichte. Sie beeinflussten in der Folge Hofers Menschenbild und Motivauswahl.
Die Bilder jener Zeit beschrieben bevorzugt junge Mädchenfiguren, naive, unschuldige, der Natur verbundene Wesen.
Doch ein Schatten lag über der Bildaussage, verdichtete sich in Hofers lyrisch-expressiver Weltdeutung: die Bedrohung und das Ausgeliefertsein aller Kreatur. Auch die Sprache seiner Bilder wandelte sich.


„Seine Figuren verloren in diesen Jahren ihre äußere Klassizität, das Gerundete der Form, die fast zeitlose Ruhe und Erscheinung schwanden. Sie wurden empfindsamer, schlanker, die Gebärden eckiger, die Malweise flackernder und erregter.“ [3]

Bei Ausbruch des ersten Weltkriegs befand sich Hofer auf einem Ferienaufenthalt in Frankreich. Er wurde in einem Lager für Zivilgefangene interniert. Ein einschneidendes Erlebnis!

Mit Hilfe seines Mäzens kam Hofer 1917 frei. Der Kaufmann holte ihn in die Schweiz. Geprägt von seiner Erkenntnis über die „strengste Formung aller wesentlichen Erscheinungen“ [4] entstanden in Montagnola die Tessiner Landschaften.
Gekennzeichnet von größter Einfachheit scheinen einige von ihnen den Menschen selbst durch schützende Zäune und Schranken auszuschließen.

Fortsetzung (Malerei Teil 2)

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[1] Thomas Gädeke: Karl Hofer in der Sammlung Rolf Deyhle, - Katalog

[2],[3],[4] Paul Vogt: Geschichte der deutschen Malerei im 20. Jahrhundert

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