Das Œuvre
Karl Hofers pointierte Äußerung im Zusammenhang mit der Debatte um den Richtungsstreit der Kunst während der Zeit kurz nach dem zweiten Weltkrieg wirft ein Schlaglicht auf das, was seine Kunst bewegte. Im Zentrum seines künstlerischen Schaffens standen der Mensch und die menschliche Gestalt in all ihren Facetten: in der des badenden Frauenkörpers, des ausgemergelten Mannes in Ruinen und der einsamen Gestalten am kaum wärmenden Lagerfeuer der
Not. Doch finden sich in seinem Werk Form und Ausdruck verflochten - und hierin zeigte er sich ganz der Moderne
zugehörig. Auffällig und fast programmatisch zu nennen ist die Pendelbewegung zwischen dem vom Klassischen geprägten Ideal und der „ungeschönten“, wenn auch symbolischen Darstellung des
Realen. Sein Bestreben war, mit einer eigenen Formensprache das klassische Ideal in die Moderne hinüberzuretten. Wobei Hofer nicht die ästhetische Perfektion anstrebte, sondern durch das „Beschreiben innewohnender Formen“ dem Wesen der Dinge nachforschen und Ausdruck verleihen wollte. Geprägt von klar konturierten kantigen Umrisslinien, breitflächiger Komposition, trockener Farben und Verdichtung des
Bildgeschehens. Die Feststellung „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“ traf auf ihn zu, gerade und obwohl er diese Aussage Paul Klees im Bezug auf ihre Verwendung im Umfeld der Abstraktion kritisch
beurteilte. Zu Karl Hofers Entwicklung gehörten Brüche und Neuorientierungen. Auf drastische Weise löste er sich dabei von vermeintlich Überholtem. Er vernichtete Arbeiten, von denen er glaubte, sie entsprächen nicht mehr seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand. So sind aus manchen Schaffensphasen nur wenige [ ] oder gar keine Bilder erhalten
geblieben. Im Laufe seiner Entwicklung löste er sich von Symbolismus und akademisch geprägter Malerei, die seine Arbeiten zu Beginn seines Schaffens beeinflusst hatten. Er nahm später kubistische und abstrakte Elemente in sein Werk auf und öffnete sich u.a. auch den Einflüssen der Neuen
Sachlichkeit. War er nun Expressionist, Realist, oder ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit?
Wie so häufig lassen sich Menschen und ihr künstlerisches Œuvre nur bedingt im Netz verbaler Definitionen fangen.
So lassen wir ihn doch frei seine Kreise ziehen am Firmament der Kunst: Karl Hofer und seine künstlerische Arbeit.
Und betrachten einfach seine Bilder........
„Und wenn die Hysteriker Krämpfe kriegen, das Zentralproblem der bildenden Kunst ist und bleibt der Mensch und das Menschliche, das ewige Drama.“
Hofers künstlerisches und geistiges Fundament bildete die klassische Form. Er teilte den Glauben an eine „absolute Kunst“, die im „maßvoll gebauten“ Werk ihren Niederschlag findet: Verkörpert in strenger Gesetzlichkeit der Gestaltungsmittel, im Zeitlosen der Figur und ihrer
Gebärde.
Er war eben auch der „Deuter“ mit einem Hang zur symbolischen Aussage. Dabei reagierte er auf das, was er in der Realität antraf und in seinem Inneren. Ja, er versuchte auch die Dämonen, die ihn bedrängten, durch Malerei zu bannen, indem er ihnen Gestalt und Aussehen
gab.
Mädchenbildnisse von anmutiger Schönheit standen teilweise visionären Mahn- und Warnbildern gegenüber. Geradezu verblüffend ist seine offenkundige Gabe, zukünftige Entwicklungen der Welt bildhaft
vorauszuahnen.
Doch immer folgte Karl Hofer, gegen mancherlei Widerstände, in beindruckender Weise seinem künstlerischen Weg und bildet so sicher eine Ausnahmeerscheinung innerhalb der klassischen
Moderne.